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Schnecken (Gastropoda) von Hägglingen

Schnecken haben es in unserer Gesellschaft nicht leicht, sie gelten in Gärten grundsätzlich als Schädlinge. Befasst man sich aber etwas mit Schnecken, öffnet sich eine beeindruckende Artenvielfalt mit interessanten Biologien. Schnecken bilden als Weichtiere (Mollusca) in der Zoologie eine eigene Klasse. Schnecken sind Bauchfüsser (= Gastropoda) und haben bereits eine hochentwickelte Anatomie, sie verfügen über alle wichtigen Organe, wie sie auch bei höheren Tieren vorhanden sind. Nur eigentliche Skelette fehlen, zum Schutz der Körper entwickeln viele Arten ein Kalkgehäuse. Ein Grossteil aller Schneckenarten, speziell die Lungenschnecken Pulmonata, sind Zwitter, jedes Tier hat sowohl Eierstöcke und Hoden. Beide Geschlechtsöffnungen liegen in Kopfnähe, bei der Kopulation begatten sich die Schnecken gegenseitig. Nur im Wasser leben Kiemenschneckenarten, welche sich auch getrennt geschlechtlich vermehren. Der Grossteil aller Schneckenarten legen Eier, es gibt aber auch hier Ausnahmen, sowohl bei Land- als auch bei Wasserschnecken gibt es Arten, welche lebendgebährend sind. Die Schnecken dieser Arten "brüten" ihre Eier bis zum Schlupf der Jungschnecken in einer speziellen Bruttasche aus, lebende kleine Schnecken kriechen dann aus dem Muttertier heraus. 

Schnecken haben wenn überhaupt nur ein äusseres "Skelett" in der Form eines Schneckenhäuschens. Die Gehäuse bilden sich mit dem Wachstum aus ausgeschiedenem Kalk, die Windungen sind bei den bekannten Schneckenarten in der Regel rechtsdrehend. Das heisst die Gehäusespitze schaut nach rechts. Bei den Weinbergschnecken findet man sehr selten linksgewundene Schneckenhäuschen, diese Schnecken bezeichnet man als Schneckenkönige! Bei den kleinen wenig bekannten Schliessmundschnecken findet man hingegen nur linksdrehende Schneckenhäuschen. 

Schnecken sind für viele Tiere (Vögel, Igel, Blindschleichen, ect.) ein Grundnahrungsmittel, Schnecken spielen aber auch in der Verbreitung von Parasiten, zum Beispiel bei Wiederkäuern eine wichtige Rolle.

Will man die Biodiversität im eigenen Garten erhöhen, ist es zwingend nötig auch den Schnecken unterschiedliche Habitate anzubieten. Unser grosser Garten bietet vielen Schneckenarten solche Habitate. Im Westen entlang der Sandackerstrasse haben wir eine grosse, lange, beidseitig angelegte, relativ trockene Böschung mit sandigem Boden. Dort findet man auf einer Länge von nur etwa 100 Metern die im Mittelland sehr seltene „Weisse Turmschnecke“, sie wird auch als Märzenschnecke (Zebrina detrita) bezeichnet. Dieser Standort ist in Hägglingen einmalig, es wurden dort schon Schneckenexkursionen durchgeführt. Der Kanton Aargau hat diese Zone als besonders schützenswert bezeichnet. Unsere Seite der Strasse schneide ich jährlich nur einmal und sehr schonend von Hand. Die Böschung der entgegen gesetzten Seite, mit dem eigentlichen Turmschnecken-Habitat entlang der Sandackerstrasse, wird durch Fachleute des Kantons auch nur einmal im Jahr schonend geschnitten. Die weisse Turmschnecke findet man an anderen Trockenwiesenstandorten in der Schweiz, z.B. im Jura, noch häufiger.

Im Gebiet Maiengrün findet man noch viele andere Schneckenarten. Entlang des Waldrandes findet man z.B. auch kleine braune "Turmschnecken", die Schliessmundschnecken. Zwei Arten leben dort, die Gemeine und die Glatte Schliessmundschnecke, beide sind relativ kleine Schnecken und können in der Trockenheit ihre Häuschen mit einem stets vorhandenen Kalkplättchen verschliessen. Andere Schnecken, wie die Weinbergschnecken oder Bänderschnecken, bilden als Schutz vor Trockenheit regelmässig im Sommer und vor dem Winter einen neuen kalkhaltigen schützenden Deckel.

Ein weiteres Schneckenhabitat ist unsere Süd- und Westhangböschung im Nordosten unseres Gartens. Der Boden ist dort auch etwas sandig, die Magerwiese mit Skabiosen, Salbei und anderen Wiesenblumen ist ebenfalls sehr trocken und dies scheint offenbar den kleinen Heideschnecken, den Quendelschnecken und Kartäuserschnecken, aber auch unseren vielen Sandbienen (siehe unter Bienen) gut zu gefallen. Die Schnecken und Bienen haben in diesem Habitat grössere stabile Kolonien etabliert. Im Süden unseres Gartens herrschen feuchtere und unter den Bäumen schattigere Bedingungen, dort haben wir auch unseren Komposthaufen, diverse Beeren, Tomaten, Trauben, etwas Gemüse und die Wiese ist dort etwas fettiger mit Kleearten, Löwenzahn, Margeriten und auch Brennnesseln. In diesem Habitat können sich vor allem diverse Schnirkel-, Laub- und Nacktschneckenarten gut entwickeln. Dort finden wir besonders grössere Kolonien von Bänder- und Weinbergschnecken. Die vielen Schnecken locken natürlich auch besonders Vögel und nachts auch regelmässig Igel an. Auch unsere kleine bestehende Leuchtkäferkolonie im Garten, sind auf Schnecken als Nahrungsquelle angewiesen. Die Larven dieser Käfer fressen während 2-3 Jahren vorwiegend kleine Schnecken aller Art bis sie sich schliesslich verpuppen und zu leuchten beginnen (siehe Leuchtkäfer Seite).

Im nahen Teich habe ich auch 2 Wasserschneckenarten, die Spitzschlamm- und die Posthornschnecke ausgesetzt, sie werden aber gelegentlich von den Wasserschildkröten gefressen. Im Garten habe ich insgesamt 25 Schneckenarten, im Umfeld Maiengrün inklusive Bünzufer 32 Arten entdeckt und fotografiert.

Zur Bestimmung von Schnecken aus der Schweiz ist der Bestimmungsschlüssel Mollusken Schweiz von der Autorin Estée Bochud: Infofauna key www.lepsus.unine.ch sehr hilfreich.

Zum Vergrössern der Galeriefotos: Fotos einfach anklicken!

Schnirkelschnecken Helicidae

Schnirkelschnecken tragen ein sehr breites, fast kugeliges Häuschen, unter ihnen sind auch unsere grössten Landlungenschnecken, die Weinbergschnecken. Weinbergschnecken sind in der Schweiz geschützt. Es gibt unter ihnen sehr helle aber auch sehr dunkle Schnecken. Auch die in unserem Garten häufigsten Gehäuseschnecken, die sehr variablen Bänderschnecken, sind Schnirkelschnecken. Die Bänderschnecken haben für die Tierwelt eine einzigartige, riesige genetische Variabilität von Farben und Musterungen entwickelt. Es gibt sie in fast allen Farben mit oder ohne Bänderungen. Man findet je nach Standort (Pflanzenblüten, zur Tarnung) rote, gelbe, beige bis dunkelbraune oder fast farblose Bänderschnecken in vielen Kombinationen. Unabhängig von den Gehäusefarben haben alle Garten-Bänderschnecken eine weisse Mündungslippe und die Hain-Bänderschnecken eine braune Mündungslippe.

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