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Familie: Leuchtkäfer Lampyridae

Die Biologie und das Leben von Leuchtkäfern oder auch Glühwürmchen werden mit Bild und Text erklärt

In Mitteleuropa kommen nur 3 Leuchtkäferarten vor, allen gemeinsam ist ihre Fähigkeit, dass sie nachts zum Auffinden der Geschlechtspartner leuchten. Bei allen 3 Arten der Schweiz, dem Grossen Leuchtkäfer (Lampyris noctiluca), dem "Kleinen Leuchtkäfer" (Lamprohiza splendidula) und dem kleinsten, dem Kurzflügel-Leuchtkäfer Phosphaenus hemipterus sind die weiblichen Käfer flugunfähig. Beim Kurzflügel-Leuchtkäfer sind auch die Männchen mit ihren stark verkleinerten Flügel flugunfähig. Dies bedeutet, dass sich diese Käfer nur sehr langsam ausbreiten können und dass beim Zerstören ihrer Biotope durch die Landwirtschaft infolge von Pestiziden oder durch Bautätigkeiten die Populationen unwiderruflich verschwinden. In unserem Garten habe ich 2 der 3 Arten entdeckt, welche ich unten vorstellen werde.

Grosser Leuchtkäfer Lampyris noctiluca = Grosses Glühwürmchen

Das im Mittelland selten gewordene "Grosse Leuchtkäferchen oder Glühwürmchen" hat an sonnigen Böschungen mit Naturwiese in unserem Garten und Umgebung Voregg in Hägglingen noch ein stabiles Habitat, welches ihm offenbar zusagt. Unsere Gesellschaft macht ihm das (Über-)Leben jedoch sehr schwer. Leuchtkäfer brauchen zum Leben unbedingt eine sonnige wenig geschnittene Naturwiese mit hohem Gras, Blumen, Kräutern oder Büschen, der Boden muss zusätzlich auch noch genügend feucht sein für ihre Beutetiere, den Schnecken. Diese spezielle Kombination sonnige Böschungen mit einer Schneckenpopulation findet man heutzutage leider nicht mehr oft. Viele Gärten werden Schnecken-frei gehalten, Glühwürmchen können sich auf solchen Wiesen entsprechend nicht einfach ausbreiten.

Leuchtkäfer Entwicklung

Die relativ flachen Käferlarven leben 3 bis 4 Jahre als braun-schwarze Tiere auf dem Boden und jagen nach Schnecken aller Art. In unserem Garten hat es viele kleine Gehäuseschnecken, wie Heideschnecken, Quendelschnecken oder Karteuserschnecken, aber auch grosse Gehäuseschnecken, wie Bänderschnecken werden von den Leuchtkäferlarven angegriffen und ausgesaugt (siehe auch Menü: Schnecken). Hat eine Larve eine Schnecke entdeckt, sticht sie zunächst lähmendes Gift in die Schnecke, dann beginnt sie die Schnecke langsam aufzufressen, was je nach Grösse der Schnecke 12-48 Stunden dauern kann. Die Larve kriecht während des Fressens immer mehr in das Schneckenhaus. Bei meinen Beobachtungen im Garten waren die Larven bei kleinen Karteuserschnecken auch 10 Stunden nach der Attacke noch am Fressen, bei einer Attacke auf eine grosse Bänderschnecke dauerte das Fressen mindestens 2 Tage!

Jedes Körpersegment der Larven hat 2 auffällige gelb-rötliche Randflecken. Die Larven erreichen schliesslich eine Körpergrösse von 15-20mm und verzehren immer grössere Schnecken, sie wären also für Gartenliebhaber echte Nützlinge! In den letzten 3 Körpersegmenten entwickeln sich bereits bei den Larven die Leuchtorgane, diese können aber zunächst nur schwach leuchten. Ich kann in unserem Garten die Larven eher an feuchten Spätsommer oder Herbsttagen beobachten, wenn auch Schnecken unterwegs sind.

Nach der Verpuppung sehen die 15-20mm langen, braun-rötlichen Weibchen fast noch gleich aus, wie die alten Käferlarven, sie haben keine Flügel, sie sind also ortsgebunden. Sie kriechen nur in einem örtlich begrenzten Biotop von wenigen Quadratmetern herum. Ihre Leuchtorgane in den letzten Körpersegmenten vergrössern sich während der Verpuppung deutlich, die Augen bleiben vergleichsweise klein. Bei den Männchen entwickeln sich, wie bei allen Käfern, 4 Flügel. Die grossen braunen Deckflügel bedecken fast den ganzen Körper. Auffällig sind bei ihnen die gross entwickelten Augen, welche es den Männchen ermöglicht, im Flug die am Boden leuchtenden Weibchen zu entdecken. Beide Geschlechter haben auffällig breite Halsschilder, welche den Kopf schildartig schützen. Nach der Verpuppung und dem Schlupf fressen beide Geschlechter nichts mehr, sie nehmen in dieser Zeit nur noch etwas Wasser auf, was ihre Ausbreitung auch nicht fördert. Sie leben nur noch etwa 2-3 Wochen bis ihre Fettreserven aufgebraucht sind.

Leuchtorgan und Balz

Jedes Jahr kann ich in unserem Garten und Umgebung je nach Witterung in den warmen Sommermonaten von Juni bis August nachts ab etwa 21.30 Uhr das beeindruckende Balz- oder Begattungs-Naturschauspiel beobachten.

Auf der Unterseite sind bei beiden Geschlechtern die letzten 3 Segmente hellgelb bis weisslich. In den 3. und 2. letzten Segmenten kann durch enzymatische Prozesse das dort gespeicherte Luziferin zur Partnersuche in grelles kaltes gelbgrünes Licht umgewandelt werden. Die Männchen leuchten nachts im Flug nur sehr schwach, dies soll aber als Reiz das Leuchten der Weibchen begünstigen. Die Balz beginnt meist nach einer deutlichen Wärmeperiode in den Sommermonaten Juni bis August. In meinen Beobachtungen braucht es zum Start der Balz mittlere Monatstemperaturen von mindestens 20°C. Liegen die Juni-Temperaturen darunter, beginnen die Käfer erst später im Juli oder August zu leuchten. Dies war bei uns in den Jahren 2013, 2016 und 2021 der Fall, die mittleren Juni-Temperaturen lagen bei eher kühlen 18.9°C und 17.5°C. Damals begannen die Käfer erst Ende Juli bzw. August zu leuchten. In den Jahren 2014, 2015, 2017, 2018 und 2019 lagen die mittleren Juni-Temperaturen jedoch bereits über 20°C, was zu einem früheren Leuchten führte. Je nach Witterung leuchten die Weibchen dann jeweils während etwa einem Monat, jedoch nur solange bis sie begattet wurden, danach brauchen sie ihre restliche Energie zum Eierlegen. Wahrscheinlich spielen für das gemeinsame Leuchten innerhalb von 1-4 Wochen auch Duftstoffe (Pheromone) noch eine Rolle, dies wurde zumindest bei vielen anderen Insekten nachgewiesen. Meine Beobachtungen zeigten, dass einzelne Weibchen maximal 2 Wochen leuchten können.

Die Glühwürmchenweibchen wandern in der Dämmerung zuerst von ihren Verstecken im Boden auf Grashalme, Treppenstufen, Kisten oder Steine. Sie bringen sich so für die Balz in Stellung, indem sie ihr Hinterteil nach vorne Richtung Himmel biegen, dann beginnen sie grell grüngelb zu leuchten. Die Weibchen leuchten täglich immer etwa an der gleicher Stelle im Garten bis etwa um Mitternacht, dann erlöschen die „Gartenlichter“ und die Käfer sind wieder für fast 22h unsichtbar in ihren Verstecken. Die in der Dunkelheit unsichtbaren Männchen finden mit ihren grossen Augen die grell leuchtenden Weibchen und versuchen sie danach zu begatten. Mehrmals habe ich schon 2 Männchen bei einem Weibchen beobachtet. Einmal balzten sogar 4 Männchen um ein Weibchen! Die Männchen umkreisen sie zuerst und betasten sie, die Weibchen bewegen sich in diesen Momenten kaum. Einige Weibchen beenden danach ihr Leuchten sehr schnell, andere leuchten noch während der ganzen Begattung, welche um die 20 Minuten dauern kann. Nach der erfolgreichen Kopulation verkriechen sich die Weibchen in der Dunkelheit zum Eier legen und sterben danach, auch die Männchen sterben nach den BegattungenInteressant ist, dass es offenbar mehr Weibchen als Männchen gibt, in meinem Untersuchungsgebiet in Hägglingen finde ich während der Balz täglich Weibchen aber nur selten begattende Männchen. 2019 lag das Geschlechterverhältnis trotz intensiver Suche nur bei 4:1!

Die Käfer sind in unserem Garten auf der ganzen Fläche von etwa 1500m2 verteilt, am häufigsten finde ich sie im Bereich der Rabatten und entlang der Naturwiesenflächen, wo viele Schnecken leben. Im Sommer 2018 untersuchte ich nachts zwischen 22-24Uhr systematisch auch alle Böschungen im Umfeld unseres Gartens bis zum Waldrand, es zeigte sich, dass sich nur noch wenig weitere Leuchtkäferweibchen in Böschungen mit südlicher Ausrichtung aufhalten! Total fand ich 2018 während 2 Wochen 44 leuchtende Weibchen (siehe Kartenausschnitt unten)! Im Sommer 2019 waren die Temperaturen ähnlich wie 2018. Von Ende Juni bis Ende Juli fand ich während 4 Wochen mit über 80 Leuchtkäfer Weibchen und 18 Leuchtkäfer Männchen deutlich mehr Käfer im Untersuchungsgebiet Garten bis Heuerweg.

Zum Vergrössern der Galeriefotos: Fotos einfach anklicken!

Fotogalerie Grosses Leuchtkäferchen

Kurzflügler-Leuchtkäfer Phosphaenus hemipterus

Der nur 6 bis 7 mm grosse fast schwarze Kurzflügler-Leuchtkäfer Phosphaenus hemipterus zeigt die typischen Merkmale aller Leuchtkäfer. Die letzten zwei Körpersegmente können nachts mittels Luziferin leicht leuchten. Die Hinterleibssegmente sind stark panzerartig gegliedert, typisch sind auch die sehr breiten flachen Halsschilder. Die Männchen haben nur 4 sehr kleine Flügel (1-2mm!!), die 2 Deckflügel sind nur stummelhaft ausgebildet. Ihre sehr langen Fühler bewegen sich auffällig in alle Richtungen, damit können die Männchen mittels Pheromonsensoren die etwas grösseren Weibchen entdecken. Nach der Paarung sterben die Männchen, die Weibchen legen ihre Eier in Erdlöcher. Die Larven ernähren sich von Regenwürmern und sind nachtaktiv, wie auch die Weibchen. Das heisst, sie leben für uns Menschen fast unsichtbar! Die Verpuppung findet im Mai statt, anfangs Juni 2017 und 2018 habe ich Männchen in unserem Garten fotografieren können. Die gesamte Entwicklung dauert nur wenige Wochen.

Leuchtkäfer- Population im Sommer 2018 im Gebiet Maiengrün - Voregg in Hägglingen

Die Besiedelung beschränkt sich auf einige wenige Habitate mit sonnigen Naturwiesen, vorzugsweise an Böschungen entlang des Heuerweges, in unserem Garten und entlang der Sandackerstrasse. In den umliegenden Gärten gibt es durch die gartenbaulichen Veränderungen keine Käfer mehr. Auch auf den landwirtschaftlich genutzen Flächen und entlang des Waldrandes vom Maiengrün habe ich keine Käfer gefunden. Im Zeitraum vom 29.6. bis 13.7.18 habe ich an verschiedenen Standorten 44 Leuchtkäferweibchen und 2 Männchen gezählt (siehe Karte). Die gesamte Käferpopulation kann in diesem Gebiet auf etwa 100 Käfer geschätzt werden! Einige Weibchen haben nur kurz an einem Abend während 1 bis 2 Stunden geleuchtet, andere bis zu 10 Tage. Die leuchtenden Weibchen sind sehr standorttreu, sie bewegen sich von Nacht zu Nacht kaum oder leuchten täglich an genau gleicher Stelle. Interessant ist auch die Beobachtung, dass die Weibchen nie in Gruppen, sondern stets einzeln leuchten. Der geringste Abstand zwischen 2 Weibchen betrug etwa 50cm. Meine Beobachtungen ergaben, dass Weibchen in offenem Gelände weniger lang leuchten, da sie offenbar schneller von Männchen entdeckt und danach begattet werden.

Mein Untersuchungsgebiet

Südhang Maiengrün 500-580m ü.M.

Im Norden beginnt der grosse Maiengrün-wald. Nach Süden erstreckt sich entlang des Dorfrandes eine grosse intensiv genutzte Landwirtschaftszone mit Äckern und Feldern. Entlang der Wege hat es extensiv genutzte Böschungen.

Leuchtkäfer Biotop
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