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Hautflügler Hymenoptera aus Hägglingen

Hautflügler Hymenotera 

Die Insektenordnung der Hautflügler Hymenoptera ist in Mitteleuropa mit etwa 10'000 Arten die artenreichste Insektenordnung. Allen gemeinsam sind die häutigen meist durchsichtigen 4 Flügel. Systematisch unterscheidet man besonders zwei wichtige Hautflügler-Unterordnungen:

1. Die Taillenwespen Apocrita, diese Hautflügler zeichnen sich durch ihre auffällige Wespentaille aus. Zu ihnen zählen folgende Teilordnungen:

A: Legimmen Terebrantia, B: Stechimmen Aculeata und den C: Ameisen Formicidae.

2. Die Planzenwespen Symphyta, welche keine ausgeprägten Taillen entwickeln und vorwiegend von Pflanzen leben.

A: Legimmen Terebrantia

Zu den Legimmen werden die Schlupfwespen, Brackwespen und Gallwespen gezählt, die Weibchen entwickeln keinen Stachel mit einem Giftapparat, ihr teilweise sehr gut sichtbarer "Stachel" dient ausschliesslich zur Eiablage. Diese Wespen leben solitär, die Weibchen legen ihre Eier immer einzeln in andere Insekten. Als heranwachsende Larven leben sie parasitoid von ihren Wirtstieren, welche dadurch allmählich aufgefressen werden. Gallwespen legen ihre Eier in Pflanzen, dort entwickeln sich dann teils recht grosse Pflanzenwucherungen als Brutstätten der Gallwespenlarven (Gallenbildungen). Adulte Legimmen leben von Nektar und Pollen.

B: Stechimmen Aculeata

Sie werden auch als Wehrimmen bezeichnet, weibliche Stechimmen entwickeln am Hinterleib einen einziehbaren Stachel, welcher artspezifisch als Legeröhre oder zusammen mit einer Giftdrüse als Wehrstachel ausgebildet wird. Einige Familien dieser Teilordnung bilden hierarchische und soziale Insektenstaaten mit Königinnen. Zu diesen Stechimmen zählen die Echten Wespen, Honigbienen, Hummeln und die Ameisen. Bienen und Hummeln sind im Gegensatz zu den Wespen und Ameisen oft stark behaart und haben einen eher kompakten Körperbau. Bei staatenbildenden Arten entwickeln nur noch die Königinnen Eierstöcke und eine Legeröhre für die Eiablage, die restlichen Weibchen (Arbeiterinnen) leben ungeschlechtlich, bei ihnen wird diese Legeröhre zu einem Wehrstachel mit Giftdrüse umgebildet. Mit nur einer Königin können solche Stechimmen Völker von einigen hundert (z.B. Hummeln oder Wespen) oder bis zu 80‘000 Individuen (z.B. Honigbienen) mit unterschiedlichen Funktionen (Arbeiterinnen, Soldaten, einigen wenige Männchen = Drohnen) bilden.

Der Grossteil der Stechimmen-Arten, wie die vielen Wildbienen, Grabwespen und Goldwespen leben jedoch solitär, sie haben keine Königinnen, bilden keine Staaten, sie bilden gelegentlich nur lose Brutgemeinschaften. Solche Kolonien können aber auch aus mehreren Hundert Tieren bestehen (z.B. Frühlings-Seidenbienen). Jedes Weibchen lebt geschlechtlich, wird von Männchen begattet und legt mit dem zur Legeröhre entwickelten "Stachel" ihre Eier in die zuvor von ihr gebauten Brutkammern artspezifisch im Totholz, in Baumstämmen, in Felsspalten oder im Erdreich. Für die gesamte Aufzucht sind solche Stechimmen-Weibchen alleine verantwortlich.

Unter den Wildbienen gibt es auch viele parasitierende Bienenarten, welche ihre Eier in fremde Nester legen, sie werden auch als Kuckucksbienen bezeichnet. Die heranwachsenden Wildbienenlarven dieser Arten fressen sowohl das Ei oder die Larven der Wirtsbienen als auch die durch die Wirtsbienen zur Verfügung gestellten Pollen und Nektarvorräte.

Grabwespen bauen im Erdreich oder irgendwelchen Nischen teilweise kunstvolle Brutkammern (Mörtelwespen), welche sie mit narkotisierten noch lebenden Insekten oder Spinnen bestücken, ein Ei darin ablegen und mit einem Deckel verschliessen. Die schnell heranwachsenden Grabwespenlarven fressen somit während ihrer Entwicklung immer "frischgehaltene" gelähmte Insekten oder Spinnen und schlüpfen schliesslich aus ihren Brutkammern.

Die Goldwespen als letzte Stechimmen-Familie leben als Larven auch parasitoid in anderen Insekten.

C: Ameisen Formicidae

Ameisen haben einen stark gegliederten Körperbau mit deutlichen Wespentaillen. Die beflügelten jungen Ameisenköniginnen und Drohnen tragen nur sehr kurz während ihres "Hochzeitsfluges" 4 Flügel und werfen sie nach der erfolgreichen Begattung am neuen Nestort ab. Die vergleichsweise grossen Ameisenköniginnen können riesige soziale Staaten von bis zu 800'000 Tieren bilden. Die Grosszahl der ungeschlechtlich lebenden Arbeiterinnen haben im Staat Funktionen wie Nestbau, Aufzucht der Larven, Soldaten, Futterbeschaffer.

Einige Merkmale sind bei Bienen und Wespen ausserordentlich. Alle haben am Kopf zwischen den 2 schwarzen grossen Facettenaugen auf der Stirn 3 kleine zusätzliche Augen, sogenannte Ocellen. Diese Augen sind nach Untersuchungen besonders beim Fliegen nützlich!

Holzbiene mit Ocellen
Hornisse mit Ocellen
Keulenhornbiene mit Ocellen

Bienen Apiformes

Jedes Kind kennt sie, zumindest denkt man dies! Befasst man sich aber mit der Bestimmung von Bienenarten, kommt man als Laie schnell an seine Grenzen. In der Schweiz werden je nach Literaturangaben 600 bis 700 Bienenarten unterschieden, welche oft auch als Wildbienen zusammengefasst werden. Bienen gehören mit den Hummeln, Wespen und den Ameisen zur grossen Insektenordnung der Hautflügler. Allen gemeinsam sind einige phänotypische Merkmale. Sie haben alle 4 Flügel (Ameisen nur während der Paarungszeit). Bienen haben im Gegensatz zu den Wespen (mit einer Wespentaille)  einen eher kompakten Körperbau und sind etwas haariger. Einige Wildbienenarten sind sogar stark behaart, manchmal erinnern ihre Haare an einen Pelz (z.B. Pelzbienen). Honigbienen besitzen zur Verteidigung einen Stachel mit einer Giftdrüse, dieser hat sich bei den Arbeiterinnen aus der Eilegeröhre entwickelt. Die eierlegenden Königinnen und die weiblichen Wildbienen haben nur eine Legeröhre, sie verfügen nicht über Giftdrüsen und können entsprechend nicht stechen. Mit ihrem Rüssel-artigem Mundwerkzeug können Bienen den süssen Nektar aus den Blüten saugen und lecken, sie können damit auch Wasser oder Honigtau von Blattläusen aufnehmen. Aus Nektar und Honigtau produzieren Honigbienen mit Hilfe von Fermenten aus ihrem Speichel Honig und lagern ihn in speziellen Speicherwaben für die blütenlose Zeit im langen Winter (20 bis 30kg pro Volk und Jahr). Bienen gelten zusammen mit den meist grösseren Hummeln als die wichtigsten Blütenbestäuber. Beim Blütenbesuch haften die Pollen artspezifisch entweder an ihren Beinen (Beinsammler) oder Körperhaaren (Bauchsammler). Die gezüchteten grossen staatenbildenden Honigbienenvölker sammeln zusätzlich noch intensiv proteinreiche Pollen als zusätzliche Futterquelle für ihre riesige Brut. Sie legen damit in ihren Nestern in speziellen Waben für die lange Überwinterungsphase grosse Speicher an (bis 30kg pro Volk und Jahr). Die Zuchtbienenvölker reduzieren ihre Volksgrösse im Herbst und während der kalten Wintermonate auf etwa 10%, das heisst nur etwa 5000-8000 Bienen müssen mittels ihrer angelegten Speicher in den Waben die kalte Zeit überstehen.

Wildbienen sammeln deutlich weniger Pollen, da sie nur sehr kleine Bruten von 5-30 Larven aufziehen und weil nur wenige Weibchen und Männchen (Drohnen) überwintern, legen sie keine Speicher an, sie verbringen den Winter im Winterschlaf.

Neben zwei grossen schwarzen Facettenaugen haben Bienen auf der Stirn noch zusätzlich 3 Ocellen, das sind kleine Nebenaugen, welche besonders beim Fliegen von Nutzen sind. Meist sind Bienen gelbschwarz gestreift, es gibt aber auch braune oder grau-schwarze Sandbienen, rot-schwarze Blutbienen oder violette bis ganz schwarze kleine und riesige Holzbienen. Die Variationen ist beeindruckend, die Artbestimmungen sind entsprechend oft recht schwierig! Selbst eine vermeintliche Honigbiene kann später auf Fotos bei genauerer Betrachtung plötzlich keine Honigbiene mehr sein, sondern ist eine der vielen Sandbienen, Furchenbienen oder sonstigen Wildbienen. Unter den Honigbienen gibt es auch viele Rassen oder Bastarde mit leicht unterschiedlichen Merkmalen. Bienen zeigen auch einen Geschlechtsdimorphismus, das heisst Männchen (Drohnen) können sich von Weibchen deutlich unterscheiden. Unter den Bienenarten gibt es Winzlinge von 4-5mm Grösse, wie einige Schmal- oder Furchenbienen, aber auch Riesen von gegen 30mm Länge, wie die aus dem Süden eingewanderten schwarzen Holzbienen.

Die meisten Bienenarten leben solitär oder bilden nur kleine Gruppen von 10 bis 30 Bienen, nicht wie die bekannten Honigbienen mit riesigen Sozialstaaten (bis 80‘000 Bienen) mit klaren sozialen Strukturen, Aufgaben und Pflichten für Arbeiterinnen und nur einer Königin, welche den gesamten Nachwuchs liefert. Zuchthonigbienenköniginnen können pro Tag bis zu 1500 Eier legen, was einem Vielfachen ihres Körpergewichtes entspricht. Bei den Solitärbienen (Sandbienen, Holzbienen, Furchenbienen, Wollbienen, etc.) legen alle Weibchen Eier. Die erfolgreich überwinterten Weibchen bauen sich zuerst im Frühling aus Erde, Holzfasern und Speichel meist im Boden kleine Wabennester. Diese Nester bestehen aus Gängen und Kammern artspezifisch im Erdreich oder auch im morschen Holz in Bäumen, Baumstrünken, in Spalten von Steinen oder von Häusern (Dachstöcken, unterlüftete Fassaden). Nach der Begattung legen sie ihre Eier zusammen mit nahrhaften Pollen und Nektar in diese Kammern zur Aufzucht ihrer Larven. Es gibt auch sogenannte Kuckucksbienen, welche ihre Brut in fremde Nester legen und ihre Larven durch artfremde Bienen füttern lassen. Schliesslich gibt es noch parasitoide Wildbienen, welche ihre Eier in fremden Nestern direkt in die Brutkammern oder auf die Larven anderer Bienen oder anderen Insekten legen. Die heranwachsenden Larven fressen später die Wirtslarven allmählich auf (z.B. Blutbienen und Wespenbienen). Adulte Bienen sammeln stets Nektar, Honigtau und Pollen, man unterscheidet artspezifisch Beinsammler und Bauchsammler. Die Beinsammler haben typischerweise Pollen-verklebte Oberschenkel (= Höschen, z.B. Honigbiene). Bauchsammler Bienen haben am Bauch eine starke Bürsten-artige Behaarung, an welchen die Pollen haften (z.B. Blattschneiderbienen, Mauerbienen). Dieses Merkmal kann manchmal bei der Bestimmung helfen. Es gibt jedoch auch Bienenarten, welche fast unbehaart sind und somit weder mit der Bein- noch noch mit der Bauchbehaarung Pollen sammeln können. Zu diesen Bienen gehören die eher kleinen 4-10mm grossen Maskenbienen, sie sind schwarz, die Männchen tragen im Gesicht aber auffällige artspezifische gelbe Merkmale. Maskenbienen sammeln für ihren Nachwuchs die Pollen ausschliesslich mit ihrem Gaumen. In Hägglingen habe ich bis heute erst eine kleine Maskenbienenart fotografieren können.

Solitäre Bienen bilden auch, wie in unserem Garten, Kolonien unterschiedlicher Arten. So leben zum Beispiel in unserem Garten an gleicher Stelle Seidenbienen und Sandbienen zusammen im Erdreich mit ihren Parasitenbienen, den Blutbienen und Wespenbienen (siehe auch untere Bienengalerie).

Spannungsfeld Honigbienen - Wildbienen

Im Zuge der Berichterstattung über das weltweite Insektensterben wird zunehmend auch über den Nutzen oder den Schaden von gezüchteten Honigbienenvölker für die übrigen vielen Wildbienenarten diskutiert. Für eine Förderung der lokalen Bienen-Biodiversität müssen diesbezüglich folgende kritische Gedanken angebracht werden.

1. Honigbienen sind gezüchtete Hochleistungsbienen, oberstes Zuchtziel ist ein hoher Honigertrag, was durch leistungsstarke Flieger, anspruchslose grosse Völker, Krankheitsresistenz und friedfertige Völker erzielt wird. In der Natur stehen sie unweigerlich in direkter Konkurrenz zu den vielen Wildbienenarten, welche sich seit tausenden von Jahren in der Schweiz oder Mitteleuropa als Spezialisten in ihren bestimmten Oekonischen etabliert haben. Die gezüchteten Honigbienen sammeln in Heerscharen den Nektar und die Pollen von vielen Blüten und werden in schlechten Zeiten ab Ende Sommer von den Imkern zusätzlich mit Zucker gefüttert. Honigbienenvölker sind Staaten-bildend gut organisiert, nur die Königinnen legen Eier, die Arbeiterinnen kümmern sich in ihrem kurzen Leben um den Rest, wie Wabenbau, Reinigung, Fütterung und Aufzucht der Larven oder Verteidigung. Aus ihrem Umfeld können Honigbienen riesige Mengen von Nektar und Pollen zusammentragen. Wildbienen können sich nur auf die vorliegende Natur in ihrem Biotop abstützen, sie sammeln als Solitärbienen alleine Nektar und etwas Pollen. Sie kümmern sich auch alleine um ihre Brut, welche sie meist im Boden in kleinen Nestern mit wenigen Waben anlegen. Durch die vielen Honigbienen kann zeitweise lokal ein Nektarmangel entstehen, insbesondere, wenn ganze Bienenvölker zwecks Bestäubung von Fruchtfeldern oder Baumkulturen verfrachtet werden. Bei Futtermangel können weniger Wildbienen-Larven aufgezogen werden und es entwickeln sich daraus mehr kleinere Männchen, was sich zusätzlich negativ auf ihre Population auswirken kann.

2. Honigbienenvölker sind im Sommer bis 80'000 Bienen stark - Wildbienenarten sind solitär oder bilden nur kleine Gruppen von 5 bis 100 Bienen. Eine Honigbienenkönigin kann pro Tag bis zu 1500 Eier legen, die Bienen-Arbeiterinnen kümmern sich um den Nachwuchs. Ein Wildbienenweibchen legt pro Jahr nur 5 bis 30 Eier in Brutzellen und muss sich danach ganz alleine um ihre Brut bemühen.

3. Wildbienen bestäuben Pflanzen bereits bei Temperaturen ab etwa 3°C, Honigbienen benötigen meist über 12°C damit sie überhaupt mit der Bestäubung beginnen. Wildbienen sind Temperatur resistenter und besser an unser nasskaltes mitteleuropäisches Klima angepasst.

4. Wildbienen bestäuben in der Regel schneller als Honigbienen, z.B. Hummeln können mit ihren meist grösseren, stark behaarten Körpern 3-5x schneller und effizienter bestäuben. Die Pollen haften lose an ihren langen Haaren und werden bei jedem Blütenbesuch schnell wieder abgestreift, was eine effektive Bestäubung der Blüten gewährt. Bei Honigbienen werden die Pollen mit ihren "Höschen" an ihren Oberschenkeln gesammelt, die Biene beleckt regelmässig diese Pollen an ihren Beinen, welche dadurch verfestigen und nicht mehr zur Bestäubung der Pflanzen dienen. Ihr Ziel ist es, möglichst viele der Pollen als Futter in ihr Bienenhaus zu transportieren, die hungrige riesige Brut im Nest benötigt viel Futter! Dies kann sich negativ auf die Pollenübertragung von Blüte zu Blüte auswirken.

5. Wildbienen sind oft Blütenspezialisten, d.h. sie sind z.T. auf ganz bestimmte Blütenarten angewiesen. Der Nektar einiger Blüten ist für Honigbienen durch ihren relativ kurzen Rüssel unerreichbar, Wildbienen haben hingegen teilweise längere Rüssel und können auch solchen Nektar gewinnen.

6. Hochleistungs-Honigbienen sind empfindlicher gegen Krankheiten und Infektionserreger, wie Milben, Viren oder Bakterien. Krankheiten können sich in den riesigen Völkern explosionsartig ausbreiten und innerhalb von Tagen ein Volk zerstören. 

7. Schlussfolgerung: Honigbienen führen nicht zu einer grösseren Biodiversität, ihr massenhaftes Auftreten verdrängt eher ortsstämmige Wildbienenarten. Heutige Hochleistungs-Honigbienenrassen könnten ohne die Hilfe der Imker in der Natur nicht überleben.

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