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Pilze in der Medizin

Pilze werden schon seit Jahrtausenden von Menschen als Nahrung und in der Medizin als Arznei genutzt (Vitalpilze, Heilpilze). Pilze gelten als gute alternative Proteinquelle und sind entsprechend in der vegetarischen Küche und auch bei Veganern zunehmend beliebter. Auch viele Tiere essen Pilze, so fressen Fuchs, Dachs, Marder aber auch Wildschweine und Nagetiere in unseren Wäldern Pilze, auch für viele Schnecken- und Insektenarten sind Pilze ein Grundnahrungsmittel. Bei Pilzen findet man je nach Pilzart folgende Nährstoffe: Etwa 2-3% Proteine, 1% Kohlenhydrate, 0.5% Fett, 2-3% Ballaststoffe, >92% Wasser, <1% Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Schwermetalle. Pilze bilden als Zellgerüst das Polysaccharid Chitin, welches auch bei Gliedertieren als "Stützgewebe" dient, der Chitinpanzer bei Käfern ist sicher allen bekannt. Chitin macht die Pilze aber schwer verdaulich. Chitin als Ballaststoff bringt für unsere Verdauung aber auch Vorteile, weil es die Verweildauer der Nährstoffe im Darmtrakt verlängert und so die Resorption verbessern kann. Bei harten trockenen Baumpilzen (Schwämmen) können die Protein- und Kohlenhydratwerte deutlich höher liegen, dafür nehmen solche holzzersetzenden Pilze weniger Schwermetalle auf als typische Bodenpilze. Wichtige Pilzeiweisse sind auch Glutamate, welche für den oft typischen Geschmack von Pilzen verantwortlich sind. Pilze können auch zur Vitaminversorung einen wichtigen Beitrag leisten. Erwähnenswert sind beispielsweise Speisepilze, wie Eierschwämme, welche viel Vitamin A enthalten oder Schopftintlinge, welche viel Vitamin C enthalten. Generell enthalten viele Speisepilze auch besonders Vitamine B der B-Gruppe und Ergosterin (= Vitamin D2) als Vorläufer für Vitamin D.

Bei Pilzen findet man eine Vielzahl weitere biochemisch aktive Stoffe, viele davon sind noch unbekannt oder noch nicht wissenschaftlich untersucht. In den letzten Jahren wurden jedoch auf der Suche nach alternativen Heilsubstanzen vermehrt Pilze biochemisch untersucht. Bei einigen Pilzen wurde ein hoher Gehalt an ß-Glucanen als lösliche Ballaststoffe in den stützenden Hohlfasern gefunden. ß-Glucanen werden viele nützliche pharmakologische Wirkungen zugeschrieben, sie haben positive Wirkungen auf den Zuckerstoffwechsel, gelten als antientzündlich, antibiotisch und modulieren das Immunsystem und das Herzkreislaufsystem positiv.

Die teils starken Wirkungen auf den menschlichen Körper von Schwämmen wurde von den Menschen bereits schon sehr früh erkannt und überliefert. Daher galten insbesondere einige Baumschwämme (Zunderschwamm und Birkenporling) schon bei unseren Vorfahren in der Steinzeit als Arznei (Heilpilze, Vitalpilze). Beispielsweise trug die bekannte Gletschermumie „Ötzi“, welche 1991 in den Ötztaler Alpen auf über 3000m Höhe entdeckt wurde und vor 5200 Jahren lebte, zwei Stücke eines Birkenporlings in seiner Tasche. Man nimmt heute an, dass „Ötzi“ sie als Arznei mit sich führte.

Einige der in Pilzen gefundenen Substanzen sind für Menschen jedoch auch leicht bis teilweise sogar tödlich giftig (= z.B. Amanitin, Muscarin). Bei vielen Pilzen sind die eigentlichen Giftstoffe jedoch noch nicht chemisch analysiert, sie sind noch unbekannt! Grundsätzlich können fast alle Pilze zumindest leichte Verdauungsstörungen verursachen, einige Menschen haben einfach Mühe mit Pilzen, andere lieben sie! Viele essbaren Pilze enthalten hitzelabile Eiweisse, wie Lektine, welche dosisabhängig und ungekocht rote Blutkörperchen schädigen und im schlimmsten Fall eine Hämolyse auslösen können. Daher sollte man grundsätzlich alle Pilze vor dem Essen kochen! Essbare Pilze können aber auch schnell durch Schimmelpilze verderben, die dabei gebildeten Aflatoxine sind besonders für die Leber "giftig" (hepatotoxisch)!

Auch der Fundort der Pilze hat einen Einfuss auf deren Stoffwechsel und Inhaltsstoffen. Je nach Bodenqualität können Speisepilze dadurch mehr oder weniger „giftig" sein! In vielen rohen Speisepilzen findet man auch unterschiedliche fragwürdige Substanzen oder bekannte Pilzgifte, z.B. Agaritin in den beliebten Champignons. Diese Substanz steht im Verdacht in höheren Dosen genotoxisch und karzinogen zu wirken. Studien diesbezüglich werden kontrovers diskutiert, man sollte diese Pilze sicherheitshalber nur in sehr geringen Mengen roh essen. Einige dieser Substanzen, wie auch Agaritin, sind hitzeempfindlich, das heisst durch das gründliche Kochen der Pilze werden diese unverträglichen Stoffe zerstört. Danach können solche Speisepilze (z.B. Champignons, Maronenröhrlinge oder Perlpilze) ohne Probleme gegessen werden. Bei einigen Pilzen werden die die eigentlichen „giftigen“ Stoffe beim Kochen nicht zerstört und gehen nur in das Kochwasser über, verwirft man dann das Kochwasser, können auch diese Pilze bedenkenlos gegessen werden (z.B. Hallimasche).

Unter den Tintlingen hat es einige Pilzarten, welche erst durch die Kombination mit Alkohol giftig werden. Dafür verantwortlich ist das enthaltene Coprin, was zusammen mit Alkohol zu schweren Vergiftungserscheinungen führen kann. Einige Pilzgifte werden erst stundenspäter im Körper oder auch erst nach Tagen durch die Verstoffwechselung in der Leber giftig. Zum Beispiel die Substanz Amanitin der Knollenblätterpilze ist nicht nur hitzestabil, sondern führt innerhalb von 6 bis 48h nach der Aufnahme zum langsamen Absterben von Leberzellen mit schweren Folgen bis und mit Tod durch Organversagen. Ausführliche weitere Informationen zu Pilzgiften und deren Wirkungen findet man in der Literatur oder auch im Internet.

Aus Schimmelpilzen konnte der Bakteriologe Alexander Fleming 1928 das erste Antibiotikum Penicillin entwickeln, was der Medizin einen unglaublichen Schub in der Bekämpfung von bakteriellen Infektionen bescherte. Fleming erhielt dafür 1945 den Nobelpreis für Medizin. Einige Schimmelpilze hingegen produzieren Aflatoxine (z.B. Aspergillus flavus), eine stark kanzerogene Substanz, welche man auch als Marker für schlechte Lebensmittelqualität in vielen Nahrungsmitteln routinemässig sucht und auch findet.

Neben den Giftstoffen können einige Pilze in ihren Fruchtkörpern auch hohe Konzentrationen von Schwermetallen, wie beispielsweise Cadmium, Cäsium, Blei, Quecksilber, Zink und Kupfer anreichern. Insbesondere die Gattung der Champignons mit einigen bekannten Speisepilzen, wie z.B. die bekannten Anis-Egerlingarten, sind für eine deutliche Cadmium-Anreicherung bekannt. Mit ihrem grossem Mycelgeflecht im Boden „saugen“ gewisse Pilze geradezu aktiv solche Schwermetalle auf. Nach dem Verzehr dieser Pilze erhöhen sich entsprechend die Konzentrationen von Schwermetallen auch im menschlichen Körper.

In einigen europäischen Ländern sind auch über 30 Jahre nach der Tschernobyl Reaktorkatastrophe in einigen Pilzen immer noch hohe radioaktive Cäsium-137-Konzentrationen messbar. Der Zerfall von radioaktivem Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von etwa 30 Jahren, was die Situation in naher Zukunft in betroffenen Regionen nur langsam verbessert. Ferner können insbesondere importierte Pilze aus dem fernen Ausland (z.B. Asien) auch sehr viele Pestizide enthalten, da man dort nicht die gleichen Grenzwerte wie im EU-Raum anwendet. Die folgende Tabelle soll nur einen kleinen Überblick zum Thema geben.

Pilz-Inhaltsstoffe, ihre Wirkungen und wo sie vorkommen

Einige Beispiele von Pilzen mit starken pharmakologischen Effekten / Giftwirkungen, weitere Informationen dazu finden sie im Menü bei den verschiedenen Familien oder im Internet.

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